28. März 2018

Besuch am Wohnort von Rosa Luxemburg im polnischen Zamosc

Kein Gedenken mehr

Günther Pabst konnte sich 2014 noch vor der Gedenkplakette, die an Rosa Luxemburg in ihrem Geburtsort Zamosc erinnerte, ablichten lassen. Heute gibt es diese nicht mehr. Foto: privat

Im Südosten Polens, nahe der ukrainischen Grenze, liegt das kleine Städtchen Zamosc, das sowohl Geburts-, als auch Wohnort von Rosa Luxemburg war. Auf der Studienfahrt „Polen kennenlernen – Auf jüdischen Spuren“ des Arbeitskreises Städtepartnerschaft Olkusz-Schwalbach besuchte die Gruppe auch Zamosc.

Die Aufnahme in das Weltkulturerbe der UNESCO verdankt die Stadt dem Adligen Jan Zamojski. Er verwirklichte seine Utopie der perfekten Stadt und ließ Zamosc im Renaissance-Stil planen und erbauen. Auch heute erstrahlt der sehenswerte Marktplatz, das Rathaus und die in Pastellfarben leuchtenden Arkadenhäuser im alten und neuen Glanz. Für Touristen anziehend ist auch die Tatsache, dass am 5. März 1871, im russisch besetzten Zamosc, Rosa Luxemburg als Tochter einer jüdischen Familie zur Welt kam. Nicht am Geburtshaus, sondern am späteren Wohnhaus, in dem sie ihre frühe Kindheit verbrachte, erinnerte eine Gedenkplakette an sie. Auf der Gedenkplakette war zu lesen: „In diesem Haus wurde 1871 Rosa Luxemburg geboren, die herausragende Vertreterin der internationalen Arbeiterbewegung“.
Am 15. März wurde die Plakette aus der Wand gerissen. Tomasz Krywionek von der Zeitung Zamosc-Kurier ist es gelungen, den Schandfleck im Bild festzuhalten, bevor die Wand wieder verputzt und gestrichen wurde.
Die berühmte Tochter der Stadt wurde so aus dem öffentlichen Gedächtnis gestrichen. Eine bedeutende Persönlichkeit der internationalen sozialistischen Bewegung wird nicht mehr gewürdigt. Touristen, die den vielen Reiseführern folgen, werden in Zamosc nichts mehr finden, was an Rosa Luxemburg im öffentlichen Raum erinnert.
Damit wird auch in der Provinz das Gesetz von 2016, Straßennamen und „stumme Zeugnisse, die an die Zeit des Kommunismus erinnern“ zu beseitigen, umgesetzt. Die PiS-Regierung ermächtigte die staatliche Geschichtsbehörde, das Institut für das nationale Erinnern (IPN) die öffentliche Säuberung voranzutreiben.
Die Tilgung der Erinnerung ist nicht nur unhistorisch, es ist auch der polnischen Nation unwürdig. „Wird demnächst auch der kommunistische Widerstand gegen den deutschen Naziterror aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt“, fragt sich Günter Pabst vom Arbeitskreis Städtepartnerschaft Olkusz-Schwalbach. red

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert