30. Oktober 2018

Vortragsreihe zu Chancen und Bedingungen der christlich-jüdischen Zusammenarbeit

Herausforderungen gemeinsam meistern

Rabbiner Jehoschua Ahrens vom Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen appellierte an eine Partnerschaft zwischen Juden und Christen, „um den moralischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen“. Foto: privat

Im Rahmen ihres diesjährigen Zeitfensters hatte die katholische Pfarrgemeinde Schwalbach in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im Main-Taunus-Kreis und der evangelischen Limesgemeinde zu zwei Vortragsabenden eingeladen.

Am 18. Oktober beleuchtete Dagmar Mensink vom Zentralkomitee deutscher Katholiken im Pfarrsaal St. Pankratius die katholisch-christliche Sicht. Sie führte ihre Zuhörer in sieben Etappen in die Vergangenheit und Gegenwart der christlich-jüdischen Beziehungen. Dazu zählten die jahrhundertelange Verachtung, das Erschrecken der Shoa, den großen Wendepunkt durch das Dokument Nostra Aetate des Vatikanischen Konzils von 1965, die Meilensteine der Annäherung auf evangelischer Seite und neuere jüdische Erklärungen in Anerkennung von Nostra Aetate hin zu neueren Stolpersteinen im Dialog und den Aufgaben für die Fortsetzung des Dialogs in der Zukunft.
Aus ihren Ausführungen und der anschließenden intensiven Diskussion mit Fragen aus der Zuhörerschaft ergaben sich wesentliche Erkenntnisse. Im Verhältnis Juden-Christen wie insbesondere in der Wahrnehmung der Politik des Staates Israel gegenüber den Palästinensern sind Dagmar Mensink zufolge jegliche Verallgemeinerungen hochbrisant. Man sollte vielmehr immer sehr genau konkrete Fälle im jeweiligen Kontext benennen.

Laut Dagmar Mensink vom Zentralkomitee deutscher Katholiken ist nicht mit einer raschen Entspannung des nach wie vor schwierigen Verhältnissen zwischen Christen und Juden zu rechnen. Foto: privat

In den nach wie vor schwierigen Verhältnissen zwischen Christen mit Juden kann ihrer Ansicht nach nicht mit einer raschen und endgültigen Entspannung insbesondere vonseiten der offiziellen Gremien gehofft werden. So bliebe auch hier nur die Hoffnung, dass möglichst viele Einzelne sich im Kontakt mit ihren Mitmenschen tolerant und ausgleichend verhalten.
Sie appellierte dabei auch an die Bildung der jungen Generation, um der Verständigung mit „dem Anderen“ stärkere Beachtung zu schenken. Das betrifft laut Dagmar Mensink im Besonderen den Religionsunterricht.
Am zweiten Abend der Reihe mit dem Rabbiner Jehoschua Ahrens vom Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen am 25. Oktober im Gemeindezentrum der evangelischen Limesgemeinde ging es ebenfalls zunächst um die wechselvolle Geschichte der christlich-jüdischen Beziehungen. Dabei stellte der Vortragende heraus, dass sich im 18. und 19. Jahrhundert mehr die jüdische Seite um eine Integration in die Gesellschaft bemüht habe, aber immer wieder von der christlichen Gegenseite zurückgewiesen worden sei. Demgegenüber habe sich diese Lage Jehoschua Ahrens zufolge nach 1945 eher umgekehrt. Die christliche Seite habe sich unter dem Eindruck des ungeheuren Ereignisses der Judenvernichtung durch die Nazis mehr um die Verständigung mit den Juden bemüht, während diese eher zurückhaltend reagiert hätten. Dies habe sich aber laut dem Rabbiner inzwischen entscheidend verändert.
„Den Willen unseres Vaters im Himmel tun: Hin zu einer Partnerschaft zwischen Juden und Christen, um den moralischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen“, erklärte Jehoschua Ahrens. Er machte deutlich, dass die Trennungslinien in der Welt nicht so sehr zwischen den Religionen bestehen, sondern vielmehr zwischen Religiösen und Nichtreligiösen, die ja gerade in Europa ständig zunehmen. In dieser Situation müssten Juden und Christen, auch unter Einschluss des Islams eine „aktive Rolle bei der Erlösung der Welt“ durch ihren gemeinsamen Dienst „bedingungsloser Liebe und Heiligkeit“ übernehmen. red

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