Wer am Montagabend den ausführlichen Bericht des hessischen Rundfunks über Schwalbach und sein Vandalismusproblem gesehen hat, der rieb sich ungläubig die Augen: Da waren lauter nette Leute zu sehen. Wohlgekämmte Jugendliche berichteten höflich über ihre Erlebnisse mit der Polizei. Und nicht minder akkurat uniformierte Beamte erzählten aufrichtig, was sie so alles mit den Jugendlichen erleben. Dazwischen waren freundliche Polizisten im Gespräch mit älteren Bürgern zu sehen, lachende Streetworker, eine aufgeräumte Bürgermeisterin und selbst Rapper „HECKtiker“ – sonst eher ein Mann der lauten Töne – wirkte durchaus seriös.
Was aber auch allen anzusehen war, war die Ratlosigkeit und die Unfähigkeit über den eigenen Schatten zu springen. So will ein Großteil der Jugendlichen einfach nicht verstehen, dass es die Aufgabe der Polizei ist, für Ordnung zu sorgen und dass man eine Personenkontrolle auch einmal ohne provozierendes Gemeckere über sich ergehen lassen kann. Etlichen Polizisten scheint dagegen die Einsicht zu fehlen, dass nicht jeder Schwalbacher Jugendliche türkischer oder marokkanischer Herkunft gleich ein Straftäter oder Steinewerfer ist.
Einen Gang zurückschalten wollen all die netten Leute nicht. Und so gibt es weiter Mülltonnenbrände wie am Wochenende und völlig überdimensionierte Polizeieinsätze wie an Halloween.
7. November 2018
Lieber Herr Schlosser, in diesem Fall teile ich ihre Meinung weitgehend. Ich habe die Zeit noch in Erinnerung, als Schwalbach als „Klein Chicago“ bezeichnet wurde. Damals gab es schon mal sehr grenzwertige Zustände. Allerdings gab es auch in Schwalbach Menschen, die in der Lage waren, wirkliche Dialoge mit den auffälligen Jugendlichen zu führen. Wir haben damals nicht gesagt: „Wir bieten den Dialog an, wenn er nicht angenommen wird … “ Wir haben uns damals gefragt, wie können wir vorgehen, dass ein Dialog entstehen muss. Und wir waren erfolgreich. Damals hat es einen Dialog gegeben, der zu einer Entschärfung der Situation geführt hat. Engagierte Bürger mit der Stadtverwaltung haben gemeinsam zu einer Lösung beigetragen – ohne massive Polizeieinsätze, aber in Absprache mit der Polizei.
Die Abschaffung des Jugendzentrums war ein großer Fehler. Die heutige Anlaufstelle für Jugendliche ist völlig unzureichend. Das war das Ende eines Dialogprozesses.
Alle in dem Film des HR konnten auf die Frage, wieso sich die Situation so entwickeln konnte, keine Antwort geben. Hier liegt das Problem. Solange man die Ursachen eines Konflikts nicht versteht (oder verstehen will) kann es keine Lösung geben.