6. März 2020

Vor dem Landgericht wird der Vorfall auf dem „Schiffspielplatz“ neu aufgerollt

Anklage: Gruppenvergewaltigung

Nach Meinung der Staatsanwaltschaft haben die Angeklagten ihr Opfer über den Zaun zum "Schiffspielplatz" gehoben und die Frau dann in einer Holzhütte vergewaltigt. Foto: Schlosser

Vor dem Frankfurter Landgericht hat heute der Prozess gegen fünf Schwalbacher begonnen, die vor mehr als acht Jahren gemeinschaftlich eine damals 37-Jährige auf dem „Schiffspielplatz“ vergewaltigt haben sollen. Am ersten Prozesstag erzählten die Angeklagten allerdings eine völlig andere Geschichte als der Staatsanwalt.

Der Fall hat in den vergangenen Jahren gleich mehrfach für Aufsehen in Schwalbach gesorgt. Kurz nach dem Vorfall im September 2011 kochte kurz die Gerüchteküche. Dann geriet der Fall in Vergessenheit und kam erst im Jahr 2015 wieder an die Oberfläche, als der Hessische Rundfunk in seiner Sendung „Kriminalreport Hessen“ darüber berichtete und ein Phantombild eines der Täter veröffentlicht wurde. 2017 schließlich wurden die jetzt angeklagten jungen Männer ermittelt, nachdem eine DNA-Spur, die die Polizei bei einem Diebstahl gefunden hatten, mit Spermaspuren übereinstimmte, die beim mutmaßlichen Opfer gefunden worden waren. Ein erster Prozess im Jahr 2018 musste dann allerdings abgebrochen werden, weil ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Frau nicht rechtzeitig beschafft werden konnte.
Nun macht das Frankfurter Landgericht einen weiteren Versuch, den mysteriösen Vorfall strafrechtlich zu würdigen. Die Anklageschrift, die heute Vormittag verlesen wurde, sprach eine deutliche Sprache: Danach kamen zwei der Angeklagten in der Nähe des Marktplatzes mit der ebenfalls in Schwalbach wohnenden Frau, die ins Vereinsheim des BSC Schwalbach wollte, ins Gespräch. Auf dem Weg dorthin soll einer der beiden damals 15 und 16 Jahre alten mutmaßlichen Täter der Frau einen spitzen Gegenstand in den Rücken gedrückt haben und die drei anderen Angeklagten per Telefon hinzugerufen haben.
Am städtischen „Schiffspielplatz“ hoben die fünf die Frau laut Anklage gemeinsam über den geschlossenen Zaun und zerrten sie in eine der Holzhütten auf dem Gelände. Dort hielten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft zwei der Jugendlichen die Frau fest, während die anderen drei sie oral, anal und vaginal penetrierten. Der Staatsanwalt sprach von einer „besonders erniedrigenden Tat“.
Vier der fünf Angeklagten machten am ersten Prozesstag Angaben zum Geschehen. Sie erzählten allerdings eine völlig andere Geschichte. Danach hätte die Frau Marihuana kaufen wollen und sei bereit gewesen, den Joint mit „körperlichen Diensten“ zu bezahlen. In der Hütte habe sie dann vier der fünf Jugendlichen freiwillig oral befriedigt. Der fünfte Angeklagte – der Jüngste in der Runde – will nur zweimal kurz in die Hütte geschaut haben. Die Angeklagten berichteten übereinstimmend von einer „lustigen Stimmung“. „Das war irgendwie surreal“, erklärte einer der Angeklagten. „So etwas kannte ich bis dahin nur aus Pornofilmen.“
Statt Marihuana gaben die Angeklagten der Frau am Ende angeblich normales Wiesengras, das sie in eine Alufolie steckten. Während die vier Männer, die vor Gericht sprachen, teils sehr detaillierte Schilderungen über ihre Version des Geschehens in der Hütte machten, hatten sie erhebliche Erinnerungslücken, was das Ende anbetraf. Keiner konnte sich mehr erinnern, wer zuletzt aus der Hütte gekommen ist und wie die sechs Beteiligten auseinander gegangen sind.
Die Wahrheit soll nun an sechs weiteren Verhandlungstagen ans Licht gebracht werden. Dazu werden zahlreichen Zeugen, Polizisten und Gutachter gehört. Die Frau, die seit dem Vorfall schwer traumatisiert sein soll, wird per Video vernommen, damit sie den Angeklagten nicht direkt gegenüber treten muss.
Fortgesetzt wird die Verhandlung am Donnerstag, 12. März, im Saal 1 des Landgerichts. MS

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