23. März 2020

Wie das „Corona-Virus“ auch das Schwalbacher Stadtbild verändert

Nur der Döner dreht sich weiter

Vorhängeschlösser blockieren seit vergangener Woche den Zugang zu den Spielplätzen am Mittelweg. Foto: Sperzel

Der Frühling hat am vergangenen Freitag offiziell begonnen und zieht mit viel Sonnenschein auch in Schwalbach ein. In den Bäumen hört man das erste Vogelgezwitscher und einige Grünflächen sind schon von Krokussen überzogen. Folglich das perfekte Wetter, um rauszugehen – eigentlich.

Wer in diesen Tagen jedoch wirklich einmal einen Fuß vor die Tür setzt, merkt sofort, dass etwas nicht stimmt und die Straßen – zumindest außerhalb der Hauptverkehrsadern – eher wenig befahren und ungewöhnlich verlassen sind. Auf den Gehwegen trifft man, wenn überhaupt, nur vereinzelt auf Personen. Alles ist merkwürdig still und leer.
Der Grund dafür ist schnell gefunden. So sind bei näherer Betrachtung vor allem die kleineren Geschäfte nicht nur fast alle geschlossen, sondern genauso häufig auch mit Warnungen und Hinweisen zu Hygienemaßnahmen gegen das sogenannte „Corona-Virus“ versehen. Immer wieder liest man Worte wie „wegen Corona geschlossen“, „abgesagt“ oder „bleiben Sie gesund“. Auch Plakate an den Laternenpfählen nahe des Waldbachs weisen auf drei Grundverhaltensregeln hin, um die Übertragungskette der Krankheit zu stoppen – Abstand von zwei Metern einhalten, sich nicht die Hände schütteln und diese regelmäßig für mindestens 20 Sekunden waschen.
So ist es nicht verwunderlich, dass man außerhalb von noch geöffneten Geschäften wie Tankstellen oder Poststellen zum Teil das Ende der Warteschlange sieht mit reichlich Lücke zwischen den einzelnen Personen. Bei „City Döner“ drehten sich beispielsweise vergangenen Donnerstag die Dönerspieße weiter, während die Mitarbeiter in gewohnt routinierter Weise das Essen zubereiteten. Lediglich die Gäste warteten an diesem Tag nicht vor der Theke, sondern außerhalb des Geschäfts in der Hauptstraße – einer in der Türzarge, ein anderer an den wenigen Treppenstufen davor und der letzte dann in abermaligem ein Meter-Abstand.

Fürbitte in der Kirche

Ein kleiner Abstecher durch den alten Ortskern zur Katholischen Kirche St. Pankratius zeigt, dass trotz der Corona-Pandemie die Kirchen und Kapellen im Umkreis immer noch geöffnet bleiben – aus gegebenem Anlass jedoch bis April ohne Gottesdienste. „Bewahre uns vor panischer Hektik. Lass uns besonnen bleiben, damit wir die wirklichen Zusammenhänge erkennen und verstehen. Hilf uns, in Ruhe herauszufinden, was wir tun können. Und gib uns den Mut, zu helfen nach unseren Möglichkeiten, wo Hilfe nötig ist“, heißt es in einer Corona-Fürbitte. Das Gebet steht auf weißen Blättern, die fein säuberlich in einem kleinen Stapel vor den ersten Stuhlreihen ausliegen. So soll jeder Besucher, die Möglichkeit erhalten, ein wenig Zuversicht mit nach Hause nehmen zu können. Im Eingangsbereich der Kirche lassen sich auch vereinzelt noch Veranstaltungshefte für den Sommer 2020 finden, die nun aber wohl alle überholt sind.
Das gilt auch für die Litfaßsäulen am Niederhöchststädter Pfad. Diese ist gewöhnlich mit Ankündigungen überzogen. In den vergangenen Tagen lässt sich jedoch an einigen Stellen schon der graue Beton erkennen, weil kaum noch Plakate auf Veranstaltungen im Rhein-Main-Gebiet hinweisen.
Ein ähnliches Überbleibsel hängt am Aufgang vom Busbahnhof zum Rathaus und erinnert an die Zeit, als öffentliche Veranstaltungen noch stattfanden. Das Gastspiel im Bürgerhaus, das auf dem Plakat für den 14. März angekündigt wurde, hat, wie man heute weiß, nie aufgeführt werden können.

Sicherheitsabstand

Etwas Normalität empfindet mancher erst wieder im Limes-Zentrum selbst, in dem zumindest vergangenen Donnerstag noch einige Besucher anzutreffen waren. Leute saßen auf Bänken in der Sonne, unterhielten sich oder ließen sich im Eiscafé an der Ecke ein Eis schmecken, auch wenn dort nur noch einige wenige Plätze zur Verfügung standen. Der Sicherheitsabstand von zwei Metern, wie ihn die Plakate an den Laternenmasten fordern, wurde dabei nicht unbedingt eingehalten. Aber seit dem Wochenende ist auch das vorbei. Vorbildlich ging es gegenüber vor der Limes-Apotheke zu. Dort standen die Kunden mit Sicherheitsabstand vor dem Laden und ließen sich nach und nach am Nachtschalter bedienen.
Trotz der zahlreichen Besucher zierten auch im Limes Zentrum viele Hinweisschilder die Geschäfte, die entweder um das Einhalten der Hygieneregeln baten, neue Öffnungszeiten verkündeten oder Telefonservice anboten, um den alltäglichen Betrieb trotz „Corona-Virus“ bestmöglich am Laufen zu halten. Das Rathaus inklusive Bürgerbüro ist bis auf weiteres für den Besucherverkehr geschlossen.
Der meiste „Trubel“ herrschte vergangenen Donnerstag schließlich in der REWE-Filiale am Marktplatz, in dem sich – obwohl alle Kassen geöffnet waren – lange Warteschlangen bildeten. Im Kontrast dazu herrschte in den Regalen teilweise gähnende Leere. Dabei fehlten die üblichen Verdächtigen – Mehl, Zucker, Nudeln, Seife und allen voran Toilettenpapier. Abgepackte Waren wie Müsliriegel oder Vollkornkekse waren ebenfalls rar, genauso wie aber auch verderbliche Lebensmittel wie Milch oder Quark. In einer Drogerie betonte sogar ein Hinweisschild, dass die Warenversorgung von Toilettenpapier in Deutschland nicht grundlegend gefährdet sei und man sich, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, auf die Abgabe von zwei Packungen pro Kunde begrenze.

„Es ist nichts mehr da!“

Das Fehlen essentieller Lebensmittel sorgte nicht bei wenigen für wütende Kommentare und Unverständnis. „Es ist nichts mehr da! Das ist doch Wahnsinn“, rief eine Frau fassungslos. Auch ein Mann auf der Straße beschwerte sich während eines Telefongesprächs über die Lage in den Supermärkten: „Da waren noch vier Packen Klopapier im Laden. Da habe ich mir mal nur eine Packung genommen, doch der Nächste hat sich gleich die letzten drei geschnappt. Wie bekloppt! Und als mich jemand gefragt hat, woher ich das Klopapier habe, und ich geantwortet habe, dass in dem Laden nicht mehr viel sei, ist er losgerannt.“

Entgegen den hohen Besucherzahlen im Limes-Zentrum befand sich einige Meter weiter auch schon wieder ungewohnte Leere. Die Schulen in Hessen haben seit geraumer Zeit geschlossen und so finden sich an der Friedrich-Ebert-Schule momentan keine Schüler. Auch die Kitas am Mittelweg sind geschlossen, genauso wie die dortigen Spielplätze. Wer einen Rundgang durch die Wohnstadt Limes unternimmt, wird folglich nicht nur einmal auf verlassene Spielgeräte treffen, die von einem Zaun umgeben und mit einem Vorhängeschloss abgeriegelt sind.
Wer dann nachdenkt, seinen Spaziergang mit einer schnelleren Bus- oder Bahnfahrt zu beenden, sollte sich dies zweimal überlegen. Zwar fahren Bus und Bahn noch – auch wenn reduziert oder teilweise nach Ferienfahrplan – so stellen öffentliche Verkehrsmittel aber eine große Infektionsgefahr dar und sollten deshalb eher vermieden werden. Die digitale Anzeige am Bahnsteig der S-Bahn-Haltestelle „Schwalbach Limes“ wiederholt ununterbrochen: „Geben Sie Acht auf sich und andere! Fahren Sie nur, wenn es unumgänglich ist!“
Und nimmt man sich dies zu Herzen, bedenkt die Plakate in ganz Schwalbach und die Ausnahmesituation, in der sich ganz Deutschland mittlerweile befindet, so gibt es nur eine Sache, die man nach einem solchen Rundgang durch Schwalbach machen sollte: erst einmal Hände waschen. Und das nächste Mal überlegen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, lieber zu Hause zu bleiben. Zoe-Rufina Sperzel

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