23. März 2021

Magistrat weist Verantwortung zurück

Bei einer Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung am  Donnerstag um 19.30 Uhr steht der drohende Verlust von 19 Millionen Euro durch Festgeldanlagen bei der insolventen Greensill-Bank im Mittelpunkt. Geklärt werden muss unter anderem, ob Bürgermeister Alexander Immisch bei dieser Bank überhaupt hätte Geld anlegen dürfen.

Wie berichtet gehört die Stadt Schwalbach zu den etwa 50 Kommunen in Deutschland, die Geld bei der Pleite-Bank aus Bremen angelegt haben und die nun fürchten müssen, dass das Geld verloren ist. Mehr als die Hälfte des mit 30 bis 40 Millionen Euro gefüllten Schwalbacher Sparstrumpfs ist derzeit in Gefahr.

Der Magistrat hat gestern in einer Pressemitteilung erklärt, dass er „am Vorgang der Geldanlage nicht beteiligt“ gewesen sei. Er sei im Rahmen der Abstimmung über die neue Anlagerichtlinie Ende 2020 lediglich über die Geldanlagen der Stadt informiert worden. Verantwortlich für die im Feuer stehenden Festgelder war demnach Bürgermeister Alexander Immisch.

Dass es zu der jüngsten Entwicklung kommen konnte, hat den Magistrat offensichtlich überrascht. Denn im Februar 2019 hatte das Gremium beschlossen, dass bis zum Inkrafttreten einer städtischen Anlagerichtlinie neue Geldanlagen nur bei Instituten der Sparkassengruppe, der Deutschen Bundesbank und der Genossenschaftsbanken in Form einer Festgeldanlage oder eines Sparbriefes getätigt werden – allesamt Geldanlagen, die derzeit mit Negativzinsen belegt sind.

Im Frühjahr 2020 erarbeitete die Finanzverwaltung dann den Entwurf einer Anlagerichtlinie. Nachdem die Revision des Kreises diesen zur Kenntnis genommen hatte, beschloss der Magistrat die Regeln für Geldanlagen am 14. Dezember 2020.

Gleichwohl hatte Bürgermeister Alexander Immisch bereits fünf Monate vorher Festgelder in Millionenhöhe bei der Greensill Bank angelegt, obwohl die Anlagerichtlinien zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Kraft getreten waren. Er ging kurz nach seinem Amtsantritt davon aus, dass die neuen Regeln bereits gelten und verstieß damit quasi versehentlich gegen den Magistratsbeschluss vom Februar 2019. In letzter Konsequenz führte das dann zum größten Teil des jetzt drohenden Millionenverlustes.

Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse hat sich der Magistrat in seiner Sitzung am Montag mit den Geldanlagen der Stadt befasst. Alexander Immisch hat hierzu eine neue Anlagenrichtlinie vorgelegt, die dem Vernehmen nach höhere Sicherheitsstandards setzt. Wegen des Auslaufens der Legislaturperiode hat der Magistrat zunächst allerdings beschlossen, bis auf weiteres und längstens bis zum Inkrafttreten einer neuer Anlagerichtlinie, alle verfügbaren Gelder nur bei inländischen Instituten der Sparkassengruppe, bei inländischen Genossenschaftsbanken oder der Deutschen Bundesbank in Form einer Festgeldanlage oder eines Sparbriefes anzulegen.

Über alle Anlagen wird auf Vorschlag von Alexander Immisch künftig der Magistrat entscheiden. Der neu zu wählende Magistrat wird sich außerdem mit dem Entwurf der neuen Anlagerichtlinie befassen und im Anschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorlegen. MS

Ein Gedanke zu „Magistrat weist Verantwortung zurück

  1. Handelsblatt online 24.03.21

    Kommunen haben keine Chance auf eine Entschädigung durch den Einlagensicherungsfonds. Sie sind seit 2017 ausdrücklich ausgeschlossen. Rund 40 Kommunen haben sich auf die riskante Geldanlage eingelassen, um Negativzinsen zu sparen.

    Die müssen nun darauf hoffen, dass sie als Gläubiger im Rahmen des Insolvenzverfahrens zumindest einen Teil des Investments zurückbekommen. Zum Insolvenzverwalter hat das Gericht Michael Frege von der Kanzlei CMS Hasche Sigle bestellt, der bereits den deutschen Ableger der Investmentbank Lehmann erfolgreich abgewickelt hat.

    Einige Städte und Gemeinden versuchen außerdem, auf juristischem Weg den Schaden in Grenzen zu halten. Die Stadt Monheim, die bei Greensill 38 Millionen Euro angelegt hat, hat dazu eine Initiative gestartet, der sich zahlreiche andere Kommunen angeschlossen haben.

    Manche Experten üben auch Kritik an den kommunalen Entscheidern. Womöglich hätten diese gegen kommunales Recht verstoßen. Daher ist es auch möglich, dass es zu Klagen gegen Bürgermeister oder Kämmerer kommt

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