2. September 2021

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

Als Tochter argentinischer Eltern hat sich Eloísa Díaz intensiv mit der Geschichte Argentiniens auseinandergesetzt, vor deren Hintergrund ihr Debütroman „1981“ spielt. In „Maos langer Schatten“ zeichnet Daniel Leese ein hochdifferenziertes Bild der Dekade nach Mao Zedongs Tod. Paul Ingendaay erzählt in seiner „Gebrauchsanweisung für Spanien“ von einem facettenreichen Land.

 

„1981“

Buenos Aires 1981: Inspector Joaquín Alzada hat sich geschworen, auch in Zeiten der Militärdiktatur ein anständiger Mensch zu bleiben. Gemeinsam mit seiner Frau Paula führt er ein ruhiges Leben – bis eines Tages sein politisch unbequemer kleiner Bruder Jorge spurlos verschwindet.

Zwanzig Jahre später: Die Diktatur ist überwunden, und Alzada bereitet sich auf seinen Ruhestand vor. Doch dann wird nicht nur eine Leiche auf einer Müllhalde gefunden, sondern es verschwindet auch eine junge Frau aus einer der reichsten Familien der Stadt.

Alzada wird auf schmerzhafte Weise an seine dunkelsten Stunden erinnert – und entschließt sich, alles daran zu setzen, dass sich seine Geschichte, in der sich die Geschichte des ganzen Landes spiegelt, nicht wiederholt.

Eloísa Díaz, geboren 1986 in Madrid, studierte an der Pariser Sorbonne Jura und an der Columbia University / New York Creative Writing. Neben ihrer Arbeit als Anwältin widmet sie sich dem Schreiben.

Eloísa Díaz: „1981“
Übersetzt von Mayela Gerhardt
Hoffmann und Campe Verlag, 2021. 320 Seiten, 23 Euro.

 

„Maos langer Schatten“

Wie kann sich eine Diktatur mit dem Erbe von Unrecht und Staatsverbrechen auseinandersetzen, die unter ihrer Herrschaft begangen wurden? Mit dieser Frage sah sich die Kommunistische Partei Chinas nach dem Tod Mao Zedongs im Jahr 1976 konfrontiert. Gestützt auf eine Vielzahl bislang unbekannter Dokumente entwirft der Freiburger Sinologe Daniel Leese ein breit angelegtes Panorama der chinesischen Politik und Gesellschaft in der kritischen Umbruchphase zwischen 1976 und 1987.

Die Massenkampagnen des „Großen Vorsitzenden“ Mao Zedong hatten horrende Opferzahlen gefordert und die Volksrepublik China an den Rand eines Bürgerkriegs geführt. Unter seinen Nachfolgern begann die Kommunistische Partei ein groß angelegtes Experiment historischer Krisenbewältigung. Millionen politisch Verfolgte wurden rehabilitiert, Entschädigungszahlungen geleistet und Täter vor Gericht gestellt, allen voran die „Viererbande“ um Maos Frau Jiang Qing. Das Ziel bestand darin, einen Schlussstrich unter die Geschichte zu ziehen und alle Energien auf die wirtschaftliche Reformpolitik zu lenken. Aber die Schatten der Vergangenheit ließen sich nicht so einfach bannen. Gestützt auf eine Vielzahl bislang unbekannter Quellen – von vormals geheimen Reden der Parteiführung bis zu Petitionsschreiben einfacher Bürger – zeichnet Daniel Leese ein hochdifferenziertes Bild der Dekade nach Mao Zedongs Tod. Die Auswirkungen dieses Ringens um historische Gerechtigkeit sind in der chinesischen Politik und Gesellschaft bis heute spürbar.

Daniel Leese lehrt Sinologie mit dem Schwerpunkt „Geschichte und Politik des Modernen China“ an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Daniel Leese: „Maos langer Schatten – Chinas Umgang mit der Vergangenheit“
C.H. Beck Verlag, 2021. 606 Seiten, 38 Euro.

 

„Gebrauchsanweisung für Spanien“

Die Katalanen, die Basken oder die Kastillier – sie alle sind das wahre Spanien. Es spricht vier Sprachen und besitzt mehr als nur eine Mentalität. Und deshalb blickt dieses Buch ganz genau hin, von den fernen Kanaren bis ins unruhige Katalonien. Es erzählt von Aberglauben und Improvisation, von der kuriosen Notwendigkeit zu heiraten ebenso wie vom tief verwurzelten Wunsch eines jeden Spaniers, Hausbesitzer zu werden. Natürlich muss vom Stierkampf die Rede sein, aber auch von den großartigen Nationalparks, von Bikini und Ballermann und dem kulinarischen Reichtum dieses facettenreichen Landes.

Paul Ingendaay, geboren 1961 in Köln, lebte als Schriftsteller und Journalist lange in Madrid. 1997 erhielt er den Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik, 2006 wurde er für sein Debüt „Warum du mich verlassen hast“ mit dem aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Nach dem Roman „Die romantischen Jahre“ und dem Erzählungsband „Die Nacht von Madrid“ erschienen von Paul Ingendaay zuletzt die „Gebrauchsanweisung für Andalusien“ und der Roman „Königspark“.

Paul Ingendaay: „Gebrauchsanweisung für Spanien“
Piper Verlag, 2021. 224 Seiten, 15 Euro.

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