Die Begriffe sind etwas andere, in der Sache geht es aber um das Gleiche. Genauso wie die katholischen Kirchengemeinden müssen sich nun auch die evangelischen Kirchengemeinden im östlichen Main-Taunus-Kreis zusammentun, um überleben zu können. In beiden großen christlichen Kirchen ist der Mitglieder- und Pfarrerschwund so groß, dass kleine Einheiten nicht mehr existieren können – zumindest unter wirtschaftlichen Aspekten. Die Gemeinden St. Pankratius und St. Martin sind schon Geschichte, die Friedenskirchen- und die Limesgemeinde werden folgen. Übrig bleiben „Pfarreien neuen Typs“ – wie es bei den Katholiken heißt und „Nachbarschaftsräume“, wie die Protestanten die ungeliebten Fusionen ihrer Gemeinden von Schwalbach, Bad Soden, Eschborn und Sulzbach nennen.
Buchhalter mögen in den Zusammenschlüssen eine Notwendigkeit sehen. Allerdings muss sich erst noch zeigen, ob die bittere Medizin dem Patienten am Ende nicht mehr schadet als nutzt. Denn ohne die identitätsstiftende Wirkung einer eigenen Kirche oder eines eigenen Pfarrers wird sich der Verfall eher beschleunigen als verlangsamen.
Lesen Sie dazu auch den Bericht „Fusion der Kirchengemeinden?“ und schreiben Sie Ihre Meinung in das Feld unten!
Der gestrige Besuch des Gottesdienstes und der anschließenden Gemeindeversammlung in Kronberg-Schönberg zeigt, dass die EKHN umfangreiches Informationsmaterial zur Information der Gemeinden frei zugänglich und von den Kirchenvorständen nutzbar zur Verfügung stellt.
Der Informationsbedarf war groß gestern. Pfarrer Dr. Kramm und der Vorsitzenden des Kirchenvorstands Herr Kopp waren gut vorbereitet und erläuterten das Projekt EKHN 2030, die vorgegebene Zeitschiene und den aktuellen Gesprächsstand zur Bildung eines Nachbarschaftsraums.
Bis Ende Oktober soll dort unter den beteiligten Gemeinde ( aus Kronberg und Königstein) klar sein, wer mitmacht. Hilfreich war dabei eine Folie des Dekanats, aus welcher die Gemeinden des Dekanats in ihren Gebietsgrenzen mit Angabe der Pfarrstellen und Mitglieder zum Stand 31.12.2021 aufgezeigt sind.
So lässt sich schnell ein Überblick gewinnen, wer an wen grenzt, wieviele Gemeindeglieder und aktuelle Pfarrstellen ein gedachter Nachbarschaftsraum hat.
Interessant auch der Hinweis am Rand, dass die Projektion der Nachbarschaftsräume auf einen wahrscheinlichen Mitgliederbestand im Jahr 2030 zu denken und rechnen ist, bei einem statistischen Durchschnitt des Mitgliederrückgangs von rund 2% im Jahr.
Die Pfarrstellenbemessung geht zwar grundsätzlich von ca 1.500 bis 1.600 Mitglieder je volle Pfarrstelle aus und wird in Summe dem Dekanat zur Verfügung gestellt. Dieses zieht davon aber die Funktionspfarrstellen heraus, so dass rechnerisch rund 2.300 Gemeindeglieder eine volle Pfarrstelle im Nachbarschaftsraum repräsentieren.
Heute also auf aktueller Grundlage einen größeren Raum planen ( ca. 8.000 Gemeindeglieder) damit am Ende 2030 etwa 6.000 bis 6.500 Gemeindeglieder für 3 Pfarrstellen repräsentativ sind.
Eine deutliche Veränderung zeichnet sich dabei auch für die Pfarrfunktion ab. Künftig kann es kommen, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer, anders als zur Zeit, nicht mehr Teil der Kirchenvorstände sind. Diese dann vollständig ehrenamtlich in Verantwortung sind.
Es ist zu wünschen, dass die Kirchenvorstände vor Ort jetzt ebenfalls über Gemeindeversammlungen darstellen, wo sie sich gerade in Gesprächen befinden und wie die zukünftigen Nachbarschaftsräume gedacht sind.
Im aktuellen Gemeindebrief der Eschborner Gemeinde ist lesbar, dass sie Gespräche mit Niederhöchstadt und den Schwalbacher Gemeinden führen. Gleichzeitig haben sie eine Möglichkeit geschaffen, künftig Mittel als Spenden zum Erhalt ihres Gemeindehauses einzusammeln. Sie möchten auch künftig Herr im eigenen Haushalt bleiben und streben eine Arbeitsgemeinschaft an.
Der Gemeindebrief der Limesgemeinde informiert aktuell, dass Gespräche geführt werden, gemeinsam die Eschborner und Schwalbacher Gemeinden, ergebnisoffen.
Die Niederhöchstädter planen einen Neubau ihres Gemeindezentrums mit Unterstützung der politischenen Gemeinde, der EVIM und der EKHN ( Näheres auf der Webseite der Andreasgemeinde).
Dies dürfte dann das künftige „Zentralgebäude“ eines gedachten Nachbarschaftsraums Schwalbach/Eschborn sein. Mit Sitz des zentralen Gemeindebüros und der entsprechenden Unterstützung bei Bauunterhaltung und Bewirtschaftung.
zu Günther Jakobi
Rechtslage ist:Form der Zusammenarbeit im Nachbarschaftsraum
(1) Kirchengemeinden eines Nachbarschaftsraums organisieren sich innerhalb von drei Jahren nach Beschluss des Regionalplans entweder als eine Kirchengemeinde oder Gesamtkirchengemeinde oder bilden eine Arbeitsgemeinschaft mit einem geschäftsführenden Ausschuss, der in wesentlichen gemeinsamen Angelegenheiten von Personal, Gebäuden und Verwaltung anstelle der Kirchenvorstände für die Kirchengemeinden entscheidet und diese insoweit auch im Rechtsverkehr vertritt.
(2) Wird die Frist des Absatzes 1 nicht eingehalten, entscheidet die Kirchenleitung im Benehmen mit den betroffenen Kirchenvorständen und dem Dekanatssynodalvorstand.“
§ 5 Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Wird ein geschäftsführender Ausschuss gebildet, der in gemeinsamen Angelegenheiten für die Kirchengemeinden oder Dekanate entscheidet und diese insoweit auch im Rechtsverkehr vertritt, erfolgt die Vereinbarung in Form einer Satzung.“
Das ist schon ordentlich mehr als nur Gebäudeverwaltung. Richtig ist die Annahme“dass die meisten evangelischen Gemeinden einen guten Weg finden werden.“
Die evangelischen Gemeinden werden nicht, wie die katholischen, zusammengeschlossen. Vielmehr sollen sich benachbarte Gemeinden zur Verwaltung ihrer Immobilien auf ein gemeinsames Konzept einigen, um so Geld zu sparen. Ich halte das für einen guten Ansatz. Die Identitäten der einzelnen Gemeinden soll möglichst erhalten bleiben. Insofern zielt die Kritik von Herrn Schlosser zunächst daneben. Ich bin ünerzeugt, dass die meisten evangelischen Gemeinden einen guten Weg finden werden.
Innerhalb der EKHN (und anderer protestantischer Landeskirchen) ist dies nicht Ergebnis buchhalterischer Zählweise sondern Ergebnis eines synodalen Beratungs- und Entscheidungsprozesses. Synoden mit Laien völlig unterschiedlicher persönlicher Erfahrungswelten und Pfarrern. Die Pfarrer sind dort nicht in der Überzahl. Buchhalter haben zur Ergebnisfindung und Wegweisung sicher beigetragen. Wer vergisst zu zählen hat eine wesentliche schlechtere Entscheidungsbasis. „Buchhaltern“ ist es zu verdanken, dass auch künftig ein Personalschlüssel von ca.1.500 bis 1.600 Gemeindeglieder eine volle Pfarrstelle zugeordnet bekommen. Die Limesgemeinde hat zur Zeit ungefähr 1.200 und ein zu unterhaltendes Gemeindehaus, dass für einstmals 4.500 Gemeindeglieder gebaut wurde. Bisher hat sie seit ihrer Gründung ununterbrochen mindestens eine identitätsstiftende volle Pfarrstelle und ausreichend Versammlungsfläche gehabt. Hat sich dadurch der Verfall beschleunigt, verlangsamt oder hat überhaupt einer stattgefunden?
Realität ist bereits heute im Dekanat Kronberg, dass Pfarrpersonen, so sie eine volle Pfarrstelle auch zur eigenen beruflichen Erfüllung und persönlichlichen Lebensgestaltung innehaben ( ihr Gehalt entspricht dem eines Studienrats), mit einem Bein am Main und mit dem anderen am Taunushang ihren Dienst versehen. Zweimal Kirchenvorstand, zweimal Gremienarbeit, zweimal Gebäudeunterhaltung. Zweimal Tagwerk, zweimal abendfüllende Sitzungen….Spätestens am Sonntag muss dann klar sein, in welcher Gemeinde die identitätsstiftende Person dann zum Gottesdienst anwesend ist.
Es ist gut, dass die Organisation Kirche mit Reformen ihrer Organisation auf dem Weg ist. Der Inhalt für den sie steht und für dessen lebensnahe Verkündigung sie einen Rahmen stellt, der bleibt. Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, will ich mitten unter ihnen sein.