Mehr als zweieinhalb Jahre musste Bürgermeister Alexander Immisch warten, bis er am vergangenen Sonntag endlich seinen ersten Neujahrsempfang halten durfte. Und es war beinahe alles wie früher. Bericht mit Video
Selbst die musikalische Umrahmung mit den „Lady Birds“ knüpfte an die Vor-Corona-Zeit an. Und nach einem kurzen Ausblick auf das Jahr 2023 durch den Bürgermeister folgte wie immer ein Vortrag, der den Blick auch einmal über Schwalbach hinaus schweifen lassen soll. Dieses Mal sprach vor den rund 300 Schwalbacherinnen und Schwalbachern im großen Saal die Frankfurter Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Nicole Deitelhoff. Ihr Thema war „Demokratie und Streit“, was vor dem Hintergrund manch heftiger Debatte im Stadtparlament durchaus passend gewählt war.
Deitelhoff räumte zunächst einmal mit der Vorstellung auf, das Streit in der Politik etwas Schlechtes sei. Sie erläuterte eindrücklich, dass die besten Lösungen selten im Konsens, sondern meistens nach einem Streit gefunden werden. Denn das Aufeinanderprallen konträrer Argumente führe bei allen dazu, sich ganz genau mit den eigenen Positionen zu beschäftigen und diese auch einmal zu hinterfragen.
Nicole Deitelhoff räumte allerdings ein, dass es wichtig sei, Regeln für den Streit festzulegen und institutionalisierte Räume zu schaffen, in denen Streit möglich ist, wie zum Beispiel ein Parlament. Klare Regeln seien wichtig, damit ein Konflikt nicht zum Kampf wird. Die Direktorin des Leibnitz-Instituts Hessische Friedens- und Konfliktforschung erklärte dabei den Unterschied zwischen Gegnern und Feinden. „Mit Feinden gibt es keine Einigung und kein Verhandeln mehr.“
Unterm Strich setzte sich Nicole Deitelhoff für eine bessere Streitkultur ein. Streiträume sollten offengehalten, Interessenskonflikte klar benannt und bearbeitet werden. Und Streit müsse für alle erfahrbar sein. „Raus aus den Räten und Runden Tischen und rein in die Auseinandersetzung“, forderte die Referentin.
Der Vortrag sorgte beim anschließenden Umtrunk im Foyer des Bürgerhauses für reichlich Gesprächsstoff. Viele nutzten die Zusammenkunft aber auch einfach nur, um Neujahrswünsche zu verteilen und nach langer Zeit einmal wieder auf engstem Raum ein wenig Small-Talk betreiben zu können. MS