Zum Leserbrief „Was heißt gelebte Integration?“ in der Ausgabe vom 10. Januar erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Herbert Swoboda. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.
Sehr geehrte Frau Kessler, ich bin einer der „deutschen“ Freunde von Ahmed El Kaddouri und kann sie beruhigen, was seinen Integrationswillen angeht. Wir geben uns bei der Begrüßung die Hand – ein wichtiges Integrationsmerkmal nach dem deutschen Innenminister De Maiziere – seine Frau gibt mir auch die Hand und ich bin mir sicher, dass seine Kinder, die wie die ganze Familie deutsch sind, auch andere Deutsche heiraten dürfen, wenn sie es wollen. Er war schon in zahlreichen Kirchen, ob er mit seiner Frau schon Salsa, Polka oder Rheinländer getanzt hat, weiß ich aber nicht.
Als Heimatvertriebener mit Flüchtlingsausweis A kann ich seine Liebe zu seinem Herkunftsland Marokko gut verstehen, zumal ich wie er die Erfahrung gemacht habe, dass wir als „Reingschmeckte“ in der deutschen Gesellschaft nicht unbedingt willkommen waren.
Wir tummelten uns damals in den Jahren der Adenauer-Ära auch in der parallelgesellschaftlichen Sudetendeutschen Landsmannschaft, wo wir uns bei Zwetschgenknödeln und Schrammerlmusik mitten im Schwabenland aufgehoben fühlten. Heute bin ich hingegen voll integriert. Aus der Landsmannschaft und auch aus der Kirche bin ich schon lange ausgetreten. Meine schwäbischen Freunde haben ganze Integrationsarbeit geleistet und ich spreche perfekt Schwäbisch wie Cem Özdemir. Zwar trage ich noch meinen germanischen Vornamen Herbert (der im Heer glänzt), aber der wird wieder durch meinen böhmischen Nachnamen Swoboda (Freiheit) konterkariert. Bin ich deswegen kein echter Deutscher? Ich denke doch, aber es ist mir auch herzlich egal.
Insgesamt habe ich die Erfahrung gemacht, dass Integration keine Einbahnstraße ist, sondern dass wir eingesessenen Deutschen auch auf die Neuen zugehen müssen, denn das Rad der Einwanderungsgeschichte lässt sich nicht zurückdrehen und die Globalisierung verändern wir schon gar nicht.
Mein deutscher Freund Ahmed El Kaddouri aus Marokko hat jedenfalls eine Menge getan, um alteingesessene Schwalbacher und neu Zugezogene zusammen zu bringen. Dafür bin ich ihm dankbar.
Herbert Swoboda, Schwalbach